Psychologen in der Behandlung von Sexualstraftätern
Welche Rolle nehmen psychologische Fachkräfte gegenüber Beschuldigten von Sexualstraftaten ein?
In Strafgerichtsprozessen gibt es die gute Tradition, dem Beschuldigten einen Verteidiger zur Seite zu stellen, um diesen zu beraten und dessen Rechte vor Gericht zu vertreten, während Gesellschaft und Staat durch den Staatsanwalt repräsentiert sind. Beide sind Juristen, stehen aber im Prozess auf verschiedenen Seiten. Dies soll ein gerechtes und ausgewogenes Urteil durch die Gerichtsbarkeit ermöglichen.
Analog dazu gibt es auch eine Rollenaufteilung in der Gruppe ärztlich oder psychologischer Therapeuten und ärztlich oder psychologischer Gutachter. Beide Rollen haben unterschiedliche, und vor allem unabhängige Aufgaben, die personell getrennt sein müssen, um ihre gesellschaftliche Funktion zu erfüllen.
Während ein Gutachter durch das Gericht als Sachverständiger zum Prozess hinzugezogen werden kann, um Sachfragen zum Beispiel bezüglich der Schuldfähigkeit oder einer Risikoabschätzung zu klären, haben Therapeuten nach einer Verurteilung die Aufgabe, Rückfälle eines Delinquenten in Zukunft wenn nicht gänzlich zu verhindern, dann doch wenigstens deutlich zu vermindern.
Dies geschieht mit wissenschaftlich evaluierten Programmen zur Prävention von Straftaten, von denen es je nach Deliktgruppe wenige bis einige gibt. Diese werden in Gruppen- oder Einzeltherapien angeboten von unterschiedlichen Anbietern angeboten und in der Regel von der Bewährungshilfe beaufsichtigt.
Ein Gutachter wird vom Gericht selbst beauftragt und ist dem Gericht gegenüber auskunftspflichtig in Form eines Gutachtens über den Angeklagten. Ein Therapeut unterliegt dagegen der Schweigepflicht und darf ohne Erlaubnis keine persönlichen Daten des Klienten preisgeben, weder dem Gericht, noch dem Bewährungshelfer gegenüber.
Das Verhältnis zwischen Therapeut und Patient steht also unter einem besonderen Vertrauensschutz, den der Staat und seine Institutionen respektieren. Einzige Ausnahme sind die Daten über die Aufnahme, den Umfang, die Unterbrechung, den vorzeitigen Abbruch und das Ende einer Therapiemaßnahme, wenn die Therapie auf einer gerichtlichen Auflage basiert.
Daraus resultiert erstens, dass Therapeuten dem Klienten allenfalls eine Bescheinigung über die Sitzungen ausstellen ohne qualifizierende Aussagen über den Klienten. Alles andere würde als Gefälligkeitsgutachten eingestuft und hätte daher nur zweifelhaften Wert.
Und zum zweiten lässt sich darauf schließen, dass die Informationen, die man dem Therapeuten über seine sexuellen Vorlieben und anderes verrät, in vertrauensvollen Händen liegen.

