Sexualtherapie
Sexualtherapie kann in zwei Settings stattfinden, zum einen in einem einzeltherapeutischen Kontext, zum anderen in einem paartherapeutischen Kontext. Auch eine Mischung beider Settings ist je nach Problemstellung darstellbar.
Die klassischen Themen der Sexualtherapie sind Lust, Erregung und Orgasmus, wobei bis in die Achtziger Jahre vor allem die fehlende Reaktionsfähigkeit, als Defizit verstanden, im Vordergrund stand, also Störungen des Lust (Libidostörungen, Hyposexualität oder Asexualität), der Erregung (Erektionsstörungen, mangelhafte Lubrifikation) oder des Orgasmus (verzögerter Orgasmus und Anorgasmie).
Sexuelles Verhalten wurde als universeller angeborener Reaktionszyklus behandelt, der standardisiert abzulaufen hatte, wenn er nicht durch irgendetwas gestört wurde (Negative Einstellungen durch gesellschaftliche Normen und Erziehung, persönlche traumatische Erfahrungen etc.).
Durch die sexuelle Liberalisierung in der westlichen Welt, in Kombination mit dem technischen Fortschritt durch Computer und Internet wurden die Themen und Sichtweisen differenzierter. Das Internet ermöglichte auf der einen Seite den Kontakt und privaten Austausch unterschiedlicher sexueller Identitäten miteinander, auf der anderen Seite aber auch die Kommerzialisierung sexueller Bedürfnisse durch die Vermarktung von sexuellen Stimulantien in Form von Bildern und Videos.
Gerade diese Individualisierung der Sexualität durch die neuen Medien hat ein verbreitetes Nebeneinander von selbstbezogener (virtueller) und partnerbezogener Sexualität gefördert, die aber keines Falls immer friedlich miteinander koexistieren können, sondern auch Widersprüche aufwerfen.
Dem entsprechend steigt der Anteil der Personen, die im Zusammenhang mit kritischen Internetaktivitäten nach Rat oder Lösungen suchen. Scheinbar unkontrollierbarer Pornographiegebrauch, hohe Risikobereitschaft in beruflicher, finanzieller oder partnerschaftlicher Hinsicht, manchmal bis hin zu strafrechtlich relevanten Grenzüberschreitungen.
Leider ist die Bereitschaft, die eigenen Konsummuster zu hinterfragen, erst dann ausreichend hoch, wenn bereits die ersten Konsequenzen drohen: Einschränkungen der partnerbezogenen Lust, der Erregungs- und/oder der Orgasmusfähigkeit mit 'natürlichen' Sexpartnerinnen, Abmahnungen im beruflichen Kontext, staatsanwaltliche Ermittlungen etc.).